Schreibregel der Woche

© Autorenfoto: Hocky Neubert
Beim Schreiben eines Romans ist man als Autor mit seinem Werk weitgehend allein. Vielleicht gibt es ein Lektorat, dem man in Etappen die frisch geschriebenen Kapitel zukommen lässt und von dem man daraufhin zwischendurch einige Rückmeldungen bekommt. Doch im Prinzip werkelt man am Romanprojekt allein vor sich hin...
Das muss man aushalten können, und es erfordert eine gewisse Arbeitsdisziplin. Ist beides gegeben, erlebt man eine schöne, erfüllende Tätigkeit. In welchem Beruf darf man sonst so ausgiebig über alles nachdenken, nach eigenem Ermessen Handlungen gestalten, Figuren formen und Welten erschaffen? Ja, ein Autor hat es gut.
Solange man nicht übers Geld redet.
Dass es für die allermeisten Autorinnen und Autoren eine ziemliche Herausforderung bedeutet, von ihren Buchtantiemen zu leben, habe ich ja bereits mehrfach erwähnt. Deshalb sind viele Autorinnen und Autoren scharf darauf, ihr Werk verfilmt zu sehen. Denn für Filmrechte wird bezahlt.
Bezahlt wird auch die Entwicklung des Drehbuchs, und das, hoffen die Prosa-Autoren, das könnte man als Verfasser der literarischen Romanvorlage gleich selbst erledigen. Nicht wenige spekulieren gleich darauf, quasi nebenbei außer anspruchsvoller Literatur ein paar gutbezahlte Drehbücher fürs Fernsehen zu verfassen. So etwas wie diesen seichten Mist, der auf sämtlichen TV-Programmen läuft, rotzt man doch locker an einem freien Wochenende hin – denken sie.
Verkannt wird dabei, dass Drehbücher hierzulande auf ganz andere Art und Weise entstehen als Romane. Wie Romanautoren arbeiten, ist im ersten Absatz dieses Kapitels noch einmal in Kurzfassung zu lesen. Drehbuchautoren sind dagegen Mannschaftsspieler, die nicht allein ihre eigenen Ideen verfolgen, sondern auch (nicht selten leider: vor allem) auf die Vorschläge und Anweisungen ihrer Auftraggeber eingehen müssen, um schließlich alle Positionen möglichst geschmeidig zu einer konsensfähigen Geschichte zu verarbeiten.
Neue Filmideen oder Ideen für neue TV-Serien werden von Produktionsfirmen oder Fernsehsendern, manchmal auch von Autoren, stets mit voller Begeisterung angeschoben. Die meisten dieser Projekte rutschen in einem Frühstadium ihrer Entwicklung von irgendeiner Schreibtischplatte irgendeines Entscheiders direkt in den Papierkorb. Oft genug erfährt man als Autor nicht einmal den Grund dafür. Auf jedes verfilmte Drehbuch, das ich in meinem Dasein geschrieben habe, kommen nach meiner Rechnung vier bis fünf solcher Mülltonnen-Projekte, für die es in manchen Fällen nicht mal ein Honorar gab. Diese Erfahrung machen auch andere, unter Kollegen spricht man durchaus darüber.
Gehen wir jedoch davon aus, es gelingt Ihnen, als Drehbuchautor/in für eine Serie angefragt zu werden. Die Serie läuft bereits seit einigen Jahren erfolgreich im TV, Sie dürfen also zuversichtlich erwarten, dass die neuen Folgen, von denen Sie eine oder sogar mehrere schreiben dürfen, auch gedreht und sogar gesendet werden. Das ist gut, denn Ihr Honorar wird höchstwahrscheinlich in Raten ausbezahlt, die an bestimmte Entwicklungsschritte gebunden sind, beispielsweise: Abnahme des Exposés, Abgabe der 1. Drehbuchfassung, Abnahme der Endfassung, Drehbeginn, Termin der Erstausstrahlung.
Es kommt übrigens vor, dass etwas gedreht, aber nie gesendet wird. Dann bleibt die finale Autorenhonorar-Rate leider aus. Auch bei allen anderen Honorar-Etappen kann die Filmproduktion als Auftraggeber die Reißleine ziehen. Das Exposé oder die Drehbuchfassung sind nicht zufriedenstellend? Alles wirkt unfertig und die Zeit drängt? Schon wird das Projekt anderen Autoren übergeben, für den ursprünglichen Autor treiben die weiteren Honorar-Raten den Bach hinunter.
Aber Ihnen passiert das nicht. Sie haben einen geradezu klassischen Drehbuchauftrag. Eine Arzt-Serie im Vorabendprogramm eines großen Senders. Der Sender ist sozusagen Oberauftraggeber. Er gibt einer Produktionsfirma eine vertraglich festgelegte Geldsumme. Diese Produktionsfirma stellt dafür das Filmteam zusammen, engagiert Schauspieler, Kameraleute, Regisseure und kümmert sich auch um die Entwicklung der Drehbücher.
Als Autor/in müssen Sie jeden Entwicklungsschritt Ihres Drehbuchs mit Vertretern der Produktionsfirma (Producer/in) und des Senders (Redakteur/in) besprechen. Erst, wenn beide Seiten diesen Entwicklungsschritt abgenommen haben, dürfen Sie den nächsten gehen.
Wenn es gut läuft, sind Ihnen Producer und Redakteur eine große Hilfe, die, vielleicht aufgrund langer Erfahrung, Schwachstellen Ihres Drehbuchs erkennen und konstruktiv verbessern. Glücklich ist der Autor, der so etwas erleben darf.
Läuft es mies, braten Sie im Fegefeuer der Eitelkeiten.
Dann geht es möglicherweise nur vordergründig um Ihr Drehbuch. Tatsächlich werden vielleicht Machtkämpfe zwischen Produktion und Sender ausgetragen. Oder Ihre Folge muss einfach billiger produziert werden, weil die beiden davor mehr gekostet haben als geplant und die Firma schließlich auch Geld verdienen will. Oder der Regisseur (optional: der Serienheld-Hauptdarsteller) nimmt an der Drehbuchbesprechung teil und äußert Sonderwünsche. Die werfen zwar Ihr Buch komplett über den Haufen, aber niemand wagt dem großen Künstler zu widersprechen, weil der gerade einen Fernsehpreis abgeräumt oder mit dem Intendanten geschlafen hat.
Es gibt jede Menge Knüppel, die man Drehbuchautoren zwischen die Beine werfen kann.
Leider.
Sollten Sie sich trotzdem in diesem Metier durchbeißen wollen, helfen diese Ratschläge:
– Sie dürfen eigene Ideen haben, aber sollten uneitel damit umgehen. Möchten die Auftraggeber lieber doch keine Krankenschwester als Hauptfigur, sondern einen Oberförster – dann kriegen sie einen Oberförster.
– Es gilt nicht die Drehbuchfassung, die Sie am besten finden – sondern die, mit der Ihre Auftraggeber zufrieden sind.
– Sie halten sich strikt an die Vorgaben, die Ihnen durchs Serienformat und den Sendeplatz gesetzt sind. Also: Keine kostenrahmensprengenden Pyrotechnik-Effekte im James-Bond-Stil, keine Zombie-Geschichten und Kettensägenkiller im Vorabendprogramm.
– Sie halten unbedingt alle Abgabetermine ein. Am planmäßigen Drehbuchnachschub hängt ein großes Team von Spezialisten, jeder geplatzte Drehtag kostet richtig Geld.
– Schreibblockaden oder kreative Sinnkrisen kommen vor, gelten beim Drehbuchschreiben aber nicht als offizielle Ausrede. Wer (möglicherweise wiederholt) Termine platzen lässt, ist ganz schnell raus aus diesem Geschäft.
Vor allem müssen Drehbuchschreiber Druck aushalten können und trotzdem denk- und arbeitsfähig bleiben. Man schreibt eben nicht, wie vielleicht bei einem Roman, eine schöne Geschichte und die bleibt dann so, wie sie ist. Man schreibt eine Drehbuchfassung, die man selbst gut findet – sonst würde man sie ja wohl kaum abgeben. Dann kommen Leute, die manchmal mit, manchmal leider auch ohne Sinn und Verstand alles zerpflücken. Man schippt seufzend die Trümmer zusammen und puzzelt eine neue Drehbuchfassung zurecht.
Das Spielchen wiederholt sich drei-, vier- oder fünfmal. Ich habe einige verfilmte Drehbücher in Erstfassung abgenommen bekommen (kommt nicht so oft vor, großes Eigenlob!). Allerdings habe ich auch schon mal eine achte Fassung geschrieben, das war alles andere als witzig.
Die härteste Prüfung durchlitt ich allerdings gleich zum Anfang meiner Laufbahn als Drehbuchautor.
Ich schrieb meine erste Folge im Rahmen einer großen TV-Krankenhaus-Saga. Die erste Drehbuchfassung stieß auf Lob, musste aber noch überarbeitet werden. Nach der zweiten Fassung gab es noch mehr Kritik. Von der Qualität meiner dritten Fassung war ich selbst absolut überzeugt.
Dann bat mich der Producer zur Buchbesprechung.
„Also“, eröffnete er, „Bild 27, die Szene mit der Laborantin. Das ist wirklich stark. Die Situation ist irre komisch, die Dialoge sind auf dem Punkt, großartig. Bild 27 finde ich richtig gut!“
Fand ich auch, ich freute mich. Dann kam der Hammer:
„Alle anderen Bilder finde ich leider Scheiße.“
Warum genau, konnte mir der Mann leider nicht sagen. Ich wankte aus der Besprechung. Die Ansage des Producers lautete: Letzte Chance – in 48 Stunden liegt das Drehbuch in akzeptabler Endfassung vor oder ich wäre raus.
Ich schwöre, ich habe keine Ahnung, wie ich es geschafft habe. Ich finde auch heute noch, meine Endfassung, die ich damals tatsächlich innerhalb der geforderten Frist zusammengehauen habe, ist vielleicht etwas anders, aber nicht signifikant besser oder schlechter geworden als die Fassung davor. Aber sie hat den Producer überzeugt, und ich durfte noch weitere Folgen dieser Serie schreiben.
Immerhin verschaffte mir dieses Erlebnis die Erfahrung, dass ich selbst unter Druck zur Not meinem inneren Autopiloten beim Schreiben den Stift in die Hand drücken kann. Trotzdem: Das Schreiben eines Drehbuchs kann langwierig sein. Weil es eben dabei nicht allein auf den Schreiber ankommt.
Diese Regel stammt aus dem Tatort-Schreibtisch-Buch:
Jan Schröters "Goldene Schreibregeln" - 22 Tipps für Autoren und alle, die es werden wollen

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Autorenportrait von Jan Schröter
© Autorenfoto: Hocky Neubert
Deine Geschichte ist deine Schöpfung und wird nach deinem Ermessen gestaltet. Es könnte durchaus länger als sieben Tage dauern.
von Jan Schröter
© Autorenfoto: Hocky Neubert
Beim Schreiben eines Romans ist man als Autor mit seinem Werk weitgehend allein. Vielleicht gibt es ein Lektorat, dem man in Etappen die frisch geschriebenen Kapitel zukommen lässt und von dem man daraufhin zwischendurch einige Rückmeldungen bekommt. Doch im Prinzip werkelt man am Romanprojekt allein vor sich hin...
Das muss man aushalten können, und es erfordert eine gewisse Arbeitsdisziplin. Ist beides gegeben, erlebt man eine schöne, erfüllende Tätigkeit. In welchem Beruf darf man sonst so ausgiebig über alles nachdenken, nach eigenem Ermessen Handlungen gestalten, Figuren formen und Welten erschaffen? Ja, ein Autor hat es gut.
Solange man nicht übers Geld redet.
Dass es für die allermeisten Autorinnen und Autoren eine ziemliche Herausforderung bedeutet, von ihren Buchtantiemen zu leben, habe ich ja bereits mehrfach erwähnt. Deshalb sind viele Autorinnen und Autoren scharf darauf, ihr Werk verfilmt zu sehen. Denn für Filmrechte wird bezahlt.
Bezahlt wird auch die Entwicklung des Drehbuchs, und das, hoffen die Prosa-Autoren, das könnte man als Verfasser der literarischen Romanvorlage gleich selbst erledigen. Nicht wenige spekulieren gleich darauf, quasi nebenbei außer anspruchsvoller Literatur ein paar gutbezahlte Drehbücher fürs Fernsehen zu verfassen. So etwas wie diesen seichten Mist, der auf sämtlichen TV-Programmen läuft, rotzt man doch locker an einem freien Wochenende hin – denken sie.
Verkannt wird dabei, dass Drehbücher hierzulande auf ganz andere Art und Weise entstehen als Romane. Wie Romanautoren arbeiten, ist im ersten Absatz dieses Kapitels noch einmal in Kurzfassung zu lesen. Drehbuchautoren sind dagegen Mannschaftsspieler, die nicht allein ihre eigenen Ideen verfolgen, sondern auch (nicht selten leider: vor allem) auf die Vorschläge und Anweisungen ihrer Auftraggeber eingehen müssen, um schließlich alle Positionen möglichst geschmeidig zu einer konsensfähigen Geschichte zu verarbeiten.
Neue Filmideen oder Ideen für neue TV-Serien werden von Produktionsfirmen oder Fernsehsendern, manchmal auch von Autoren, stets mit voller Begeisterung angeschoben. Die meisten dieser Projekte rutschen in einem Frühstadium ihrer Entwicklung von irgendeiner Schreibtischplatte irgendeines Entscheiders direkt in den Papierkorb. Oft genug erfährt man als Autor nicht einmal den Grund dafür. Auf jedes verfilmte Drehbuch, das ich in meinem Dasein geschrieben habe, kommen nach meiner Rechnung vier bis fünf solcher Mülltonnen-Projekte, für die es in manchen Fällen nicht mal ein Honorar gab. Diese Erfahrung machen auch andere, unter Kollegen spricht man durchaus darüber.
Gehen wir jedoch davon aus, es gelingt Ihnen, als Drehbuchautor/in für eine Serie angefragt zu werden. Die Serie läuft bereits seit einigen Jahren erfolgreich im TV, Sie dürfen also zuversichtlich erwarten, dass die neuen Folgen, von denen Sie eine oder sogar mehrere schreiben dürfen, auch gedreht und sogar gesendet werden. Das ist gut, denn Ihr Honorar wird höchstwahrscheinlich in Raten ausbezahlt, die an bestimmte Entwicklungsschritte gebunden sind, beispielsweise: Abnahme des Exposés, Abgabe der 1. Drehbuchfassung, Abnahme der Endfassung, Drehbeginn, Termin der Erstausstrahlung.
Es kommt übrigens vor, dass etwas gedreht, aber nie gesendet wird. Dann bleibt die finale Autorenhonorar-Rate leider aus. Auch bei allen anderen Honorar-Etappen kann die Filmproduktion als Auftraggeber die Reißleine ziehen. Das Exposé oder die Drehbuchfassung sind nicht zufriedenstellend? Alles wirkt unfertig und die Zeit drängt? Schon wird das Projekt anderen Autoren übergeben, für den ursprünglichen Autor treiben die weiteren Honorar-Raten den Bach hinunter.
Aber Ihnen passiert das nicht. Sie haben einen geradezu klassischen Drehbuchauftrag. Eine Arzt-Serie im Vorabendprogramm eines großen Senders. Der Sender ist sozusagen Oberauftraggeber. Er gibt einer Produktionsfirma eine vertraglich festgelegte Geldsumme. Diese Produktionsfirma stellt dafür das Filmteam zusammen, engagiert Schauspieler, Kameraleute, Regisseure und kümmert sich auch um die Entwicklung der Drehbücher.
Als Autor/in müssen Sie jeden Entwicklungsschritt Ihres Drehbuchs mit Vertretern der Produktionsfirma (Producer/in) und des Senders (Redakteur/in) besprechen. Erst, wenn beide Seiten diesen Entwicklungsschritt abgenommen haben, dürfen Sie den nächsten gehen.
Wenn es gut läuft, sind Ihnen Producer und Redakteur eine große Hilfe, die, vielleicht aufgrund langer Erfahrung, Schwachstellen Ihres Drehbuchs erkennen und konstruktiv verbessern. Glücklich ist der Autor, der so etwas erleben darf.
Läuft es mies, braten Sie im Fegefeuer der Eitelkeiten.
Dann geht es möglicherweise nur vordergründig um Ihr Drehbuch. Tatsächlich werden vielleicht Machtkämpfe zwischen Produktion und Sender ausgetragen. Oder Ihre Folge muss einfach billiger produziert werden, weil die beiden davor mehr gekostet haben als geplant und die Firma schließlich auch Geld verdienen will. Oder der Regisseur (optional: der Serienheld-Hauptdarsteller) nimmt an der Drehbuchbesprechung teil und äußert Sonderwünsche. Die werfen zwar Ihr Buch komplett über den Haufen, aber niemand wagt dem großen Künstler zu widersprechen, weil der gerade einen Fernsehpreis abgeräumt oder mit dem Intendanten geschlafen hat.
Es gibt jede Menge Knüppel, die man Drehbuchautoren zwischen die Beine werfen kann.
Leider.
Sollten Sie sich trotzdem in diesem Metier durchbeißen wollen, helfen diese Ratschläge:
– Sie dürfen eigene Ideen haben, aber sollten uneitel damit umgehen. Möchten die Auftraggeber lieber doch keine Krankenschwester als Hauptfigur, sondern einen Oberförster – dann kriegen sie einen Oberförster.
– Es gilt nicht die Drehbuchfassung, die Sie am besten finden – sondern die, mit der Ihre Auftraggeber zufrieden sind.
– Sie halten sich strikt an die Vorgaben, die Ihnen durchs Serienformat und den Sendeplatz gesetzt sind. Also: Keine kostenrahmensprengenden Pyrotechnik-Effekte im James-Bond-Stil, keine Zombie-Geschichten und Kettensägenkiller im Vorabendprogramm.
– Sie halten unbedingt alle Abgabetermine ein. Am planmäßigen Drehbuchnachschub hängt ein großes Team von Spezialisten, jeder geplatzte Drehtag kostet richtig Geld.
– Schreibblockaden oder kreative Sinnkrisen kommen vor, gelten beim Drehbuchschreiben aber nicht als offizielle Ausrede. Wer (möglicherweise wiederholt) Termine platzen lässt, ist ganz schnell raus aus diesem Geschäft.
Vor allem müssen Drehbuchschreiber Druck aushalten können und trotzdem denk- und arbeitsfähig bleiben. Man schreibt eben nicht, wie vielleicht bei einem Roman, eine schöne Geschichte und die bleibt dann so, wie sie ist. Man schreibt eine Drehbuchfassung, die man selbst gut findet – sonst würde man sie ja wohl kaum abgeben. Dann kommen Leute, die manchmal mit, manchmal leider auch ohne Sinn und Verstand alles zerpflücken. Man schippt seufzend die Trümmer zusammen und puzzelt eine neue Drehbuchfassung zurecht.
Das Spielchen wiederholt sich drei-, vier- oder fünfmal. Ich habe einige verfilmte Drehbücher in Erstfassung abgenommen bekommen (kommt nicht so oft vor, großes Eigenlob!). Allerdings habe ich auch schon mal eine achte Fassung geschrieben, das war alles andere als witzig.
Die härteste Prüfung durchlitt ich allerdings gleich zum Anfang meiner Laufbahn als Drehbuchautor.
Ich schrieb meine erste Folge im Rahmen einer großen TV-Krankenhaus-Saga. Die erste Drehbuchfassung stieß auf Lob, musste aber noch überarbeitet werden. Nach der zweiten Fassung gab es noch mehr Kritik. Von der Qualität meiner dritten Fassung war ich selbst absolut überzeugt.
Dann bat mich der Producer zur Buchbesprechung.
„Also“, eröffnete er, „Bild 27, die Szene mit der Laborantin. Das ist wirklich stark. Die Situation ist irre komisch, die Dialoge sind auf dem Punkt, großartig. Bild 27 finde ich richtig gut!“
Fand ich auch, ich freute mich. Dann kam der Hammer:
„Alle anderen Bilder finde ich leider Scheiße.“
Warum genau, konnte mir der Mann leider nicht sagen. Ich wankte aus der Besprechung. Die Ansage des Producers lautete: Letzte Chance – in 48 Stunden liegt das Drehbuch in akzeptabler Endfassung vor oder ich wäre raus.
Ich schwöre, ich habe keine Ahnung, wie ich es geschafft habe. Ich finde auch heute noch, meine Endfassung, die ich damals tatsächlich innerhalb der geforderten Frist zusammengehauen habe, ist vielleicht etwas anders, aber nicht signifikant besser oder schlechter geworden als die Fassung davor. Aber sie hat den Producer überzeugt, und ich durfte noch weitere Folgen dieser Serie schreiben.
Immerhin verschaffte mir dieses Erlebnis die Erfahrung, dass ich selbst unter Druck zur Not meinem inneren Autopiloten beim Schreiben den Stift in die Hand drücken kann. Trotzdem: Das Schreiben eines Drehbuchs kann langwierig sein. Weil es eben dabei nicht allein auf den Schreiber ankommt.
Diese Regel stammt aus dem Tatort-Schreibtisch-Buch:
Jan Schröters "Goldene Schreibregeln" - 22 Tipps für Autoren und alle, die es werden wollen

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Autorenportrait von Jan Schröter
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