"Sprache muss gut schmecken"
Ich kenne Jan Schröter seit vielen Jahren. Das erste Mal sind wir uns im Studio Hamburg begegnet, bei einem Treffen der Drehbuchautoren der Serie "Großstadtrevier". Ich traf auf einen freundlichen Gesprächspartner, zurückhaltend und sehr höflich, das perfekte Klischeebild eines Autoren, der am Schreibtisch mehr Abenteuer erlebt denn im wirklichen Leben.
Wie konnte ich mich nur so täuschen!
Jan Schröters Leben, so durfte ich bald erfahren, ist prall gefüllt mit Geschichten, die für mehrere Winter am Kamin reichen...
Jan Schröter - Autorenportrait
von Markus StromiedelIch kenne Jan Schröter seit vielen Jahren. Das erste Mal sind wir uns im Studio Hamburg begegnet, bei einem Treffen der Drehbuchautoren der Serie "Großstadtrevier". Ich traf auf einen freundlichen Gesprächspartner, zurückhaltend und sehr höflich, das perfekte Klischeebild eines Autoren, der am Schreibtisch mehr Abenteuer erlebt denn im wirklichen Leben.
Wie konnte ich mich nur so täuschen!
Jan Schröters Leben, so durfte ich bald erfahren, ist prall gefüllt mit Geschichten, die für mehrere Winter am Kamin reichen...
Bis
heute frage ich mich, warum dieser Mensch so viel Erstaunliches erlebt
hat. Zieht er absurde Abenteuer an? Oder liegt es daran, dass er sich
auf Dinge einlässt, die jeder andere vernünftige Mensch nicht tun würde?
Zum Beispiel die Lesereise nach Weißrussland, von der Jan in seinem sehr amüsanten Ratgeber "Goldene Schreibregeln" berichtet. 16 Stunden Zugfahrt plus eine Stunde Grenzkontrolle - alle seriösen Autoren hatten die Einladung nach Belarus ausgeschlagen. Aber nicht Jan. In der ungeheizten Bibliothek von Brest begleitete ein gelehrter Übersetzer die frostklirrende Lesungsveranstaltung, ein "professoraler Sauertopf mit verkniffener Miene", der schon vor Beginn des Abends nach der Katharsis in Jans tragischkomischen Roman "Rettungsringe" fragte. "Ich fand nicht mal die Zeit zum Googeln," schreibt Jan, "schon deckte er mich mit einem Trommelfeuer literaturtheoretischer Thesen ein. Man raunte mir zu, der Mann habe sich als Übersetzer gehobener deutscher Literatur einen Namen gemacht, Spezialgebiet Heinrich Heine. Falls Sie meine Romane noch nicht kennen … also, ich bin stolz darauf, was ich geschrieben habe. Aber es ist nicht Heine, gebe ich zu."
Gehobene Literaturtheorie und Jan Schröters heitere Texte - weiter entfernt, so scheint es, können zwei Pole nicht sein.
Und dennoch hat der russische Übersetzer Jan auf eine wunderbare Weise gelobt: Auch wenn er Unterhaltungsliteratur ablehne, habe ihm das Buch trotzdem gefallen: weil es "gut schmecke und Bilder male".
Und das trifft es genau. Jans Romane "schmecken" einfach hervorragend, es sind sehr sorgfältig gemalte Portraits von Verlierern, die auf die Gewinnerstraße wechseln wollen, von sympathischen Loosern, die nicht aufgeben, obwohl die Welt da draußen nicht nett zu ihnen ist. Jan schreibt Figuren, die man in den Arm nehmen und dann kräftig schütteln möchte, damit sie endlich aufwachen, aber das Schütteln lässt man bald, den man merkt schnell, dass Jan mit seinen Figuren in seinen Büchern einiges vorhat und sie lernen lässt, und ziemlich oft wandelt sich vieles zum Guten. Es sind Bücher zum Wohlfühlen, sehr komisch und manchmal auch ein bisschen traurig, gerade in dem Maß, dass Tiefe entsteht, wo andere Bücher oberflächlich bleiben und zu glatt, zu beliebig werden.
Der russische Übersetzer hat es genau erfasst: Das Besondere dabei ist Jans präzise Sprache, die vom Autoren elegant und zugleich unprätentiös eingesetzt wird. Jan Schröter hat es nicht nötig, sich zu inszenieren oder größer zu tun, er muss nichts aufblasen, denn er steht zu seiner Arbeit und zu seinem Wunsch, seine Leser und Leserinnen zu unterhalten. Und er wird mit jedem Buch besser: Gerade in seinen jüngeren Romanen kommt Jan immer dichter an seine Figuren heran, ohne seinen Humor zu verlieren. Das ist große Kunst, auch wenn Jan das jetzt abstreiten würde: Er mache doch nur seine Arbeit, er wolle einfach nur unterhalten.
In der Tat: Jan Schröter würde sich selbst niemals als Künstler bezeichnen. Er blickt pragmatisch aufs Leben. Das zeigt auch seine Standardantwort auf die Frage von Zuhörern bei Lesungen, wie er auf seine Ideen komme: "Immer, wenn das Geld alle ist."
Doch wie angefüllt er mit Wissen über das Schreiben und über das Leben ist, sieht man am besten in seinem Buch "Jan Schröters Goldene Schreibregeln", das er übrigens nur mit Widerwillen geschrieben hat. Er finde Schreibratgeber affig, er habe diese "Schlaubergerliteratur", wie er sie nennt, immer schon abgelehnt. Doch als sein Verleger und Freund blieb ich beharrlich, denn ich ahnte, dass Jan etwas zu sagen hat. Herausgekommen ist ein schmaler, prall gefüllter Band mit 22 Schreibregeln, die Anfängern die Augen öffnen und Profis weiterhelfen. Es sind 22 Einblicke in ein über 25 Jahre währendes Autorenleben, unterhaltend, lehrreich und immer wieder sehr konkret und ehrlich, wo sich andere Ratgeber in Motivationssprüchen erschöpfen.
Ach ja, eine Vita hat Jan auch, hier die aus dem Klappentext seiner Romane: "Jan Schröter kennt die Höhen und die Tiefen des Autorendaseins schmerzlich genau. Er arbeitete als Journalist und Kolumnist, schrieb Reiseführer und Kurzgeschichten, massierte die Herzen der Zuschauer mit seinen Drehbüchern für den ZDF-Kultdampfer „Das Traumschiff“ und war jahrelang Stammautor der ARD-Serie „Großstadtrevier“. Bekannt geworden ist er durch seine absurd-komischen Krimis und Romane, in denen er augenzwinkernd und nicht ohne Mitgefühl seine Figuren ins Chaos stürzt."
25 Jahre als Autor in ein paar Zeilen. Was sich dahinter verbirgt, ist pralles Leben, verrückt und sehr turbulent, immer wieder fesselnd und manchmal auch rührend. Sie können es nachlesen: in seinem autobiographischen Roman "Wie mich mein Deutschlehrer fast umbrachte ...", in dem er seinen Weg vom testosteron-gesteuerten Teenager zum erfolgreichen Autor beschreibt. Jan Schröter verrät nicht, was den Tatsachen entspricht und was er für seinen Roman literarisch überhöht hat. Immerhin zitiert er in seiner Schreibregel Nr. 4 Karl May: "Erzähle nicht die Wahrheit, solange dir etwas Interessanteres einfällt."
Also alles nur erfunden? Ich fürchte: nein. Nach allem, was ich von Jan weiß, ist vieles genau so passiert. Er musste sich nichts Interessanteres ausdenken. Sein Leben ist absurd-heiter. Oder besser: Sein Blick auf das Leben ist der eines Menschen, der fest entschlossen ist, sich von den Absurditäten des Alltags nicht unterkriegen zu lassen. Ein halbleeres Glas ist immer halbvoll, und selbst wenn das Halbvolle sich als fingerbreiter Rest entpuppt, muss das reichen, um den Abend zu genießen. Morgen ist ein neuer Tag. Ist das Glas leer, geht es weiter. Augenzwinkernd und kreativ. Nur so lässt sich das Autorendasein mit vollem Genuss ertragen.
Mehr Infos zum Buch "Goldene Schreibregeln"
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Zum Beispiel die Lesereise nach Weißrussland, von der Jan in seinem sehr amüsanten Ratgeber "Goldene Schreibregeln" berichtet. 16 Stunden Zugfahrt plus eine Stunde Grenzkontrolle - alle seriösen Autoren hatten die Einladung nach Belarus ausgeschlagen. Aber nicht Jan. In der ungeheizten Bibliothek von Brest begleitete ein gelehrter Übersetzer die frostklirrende Lesungsveranstaltung, ein "professoraler Sauertopf mit verkniffener Miene", der schon vor Beginn des Abends nach der Katharsis in Jans tragischkomischen Roman "Rettungsringe" fragte. "Ich fand nicht mal die Zeit zum Googeln," schreibt Jan, "schon deckte er mich mit einem Trommelfeuer literaturtheoretischer Thesen ein. Man raunte mir zu, der Mann habe sich als Übersetzer gehobener deutscher Literatur einen Namen gemacht, Spezialgebiet Heinrich Heine. Falls Sie meine Romane noch nicht kennen … also, ich bin stolz darauf, was ich geschrieben habe. Aber es ist nicht Heine, gebe ich zu."
Gehobene Literaturtheorie und Jan Schröters heitere Texte - weiter entfernt, so scheint es, können zwei Pole nicht sein.
Und dennoch hat der russische Übersetzer Jan auf eine wunderbare Weise gelobt: Auch wenn er Unterhaltungsliteratur ablehne, habe ihm das Buch trotzdem gefallen: weil es "gut schmecke und Bilder male".
Und das trifft es genau. Jans Romane "schmecken" einfach hervorragend, es sind sehr sorgfältig gemalte Portraits von Verlierern, die auf die Gewinnerstraße wechseln wollen, von sympathischen Loosern, die nicht aufgeben, obwohl die Welt da draußen nicht nett zu ihnen ist. Jan schreibt Figuren, die man in den Arm nehmen und dann kräftig schütteln möchte, damit sie endlich aufwachen, aber das Schütteln lässt man bald, den man merkt schnell, dass Jan mit seinen Figuren in seinen Büchern einiges vorhat und sie lernen lässt, und ziemlich oft wandelt sich vieles zum Guten. Es sind Bücher zum Wohlfühlen, sehr komisch und manchmal auch ein bisschen traurig, gerade in dem Maß, dass Tiefe entsteht, wo andere Bücher oberflächlich bleiben und zu glatt, zu beliebig werden.
Der russische Übersetzer hat es genau erfasst: Das Besondere dabei ist Jans präzise Sprache, die vom Autoren elegant und zugleich unprätentiös eingesetzt wird. Jan Schröter hat es nicht nötig, sich zu inszenieren oder größer zu tun, er muss nichts aufblasen, denn er steht zu seiner Arbeit und zu seinem Wunsch, seine Leser und Leserinnen zu unterhalten. Und er wird mit jedem Buch besser: Gerade in seinen jüngeren Romanen kommt Jan immer dichter an seine Figuren heran, ohne seinen Humor zu verlieren. Das ist große Kunst, auch wenn Jan das jetzt abstreiten würde: Er mache doch nur seine Arbeit, er wolle einfach nur unterhalten.
In der Tat: Jan Schröter würde sich selbst niemals als Künstler bezeichnen. Er blickt pragmatisch aufs Leben. Das zeigt auch seine Standardantwort auf die Frage von Zuhörern bei Lesungen, wie er auf seine Ideen komme: "Immer, wenn das Geld alle ist."
Doch wie angefüllt er mit Wissen über das Schreiben und über das Leben ist, sieht man am besten in seinem Buch "Jan Schröters Goldene Schreibregeln", das er übrigens nur mit Widerwillen geschrieben hat. Er finde Schreibratgeber affig, er habe diese "Schlaubergerliteratur", wie er sie nennt, immer schon abgelehnt. Doch als sein Verleger und Freund blieb ich beharrlich, denn ich ahnte, dass Jan etwas zu sagen hat. Herausgekommen ist ein schmaler, prall gefüllter Band mit 22 Schreibregeln, die Anfängern die Augen öffnen und Profis weiterhelfen. Es sind 22 Einblicke in ein über 25 Jahre währendes Autorenleben, unterhaltend, lehrreich und immer wieder sehr konkret und ehrlich, wo sich andere Ratgeber in Motivationssprüchen erschöpfen.
Ach ja, eine Vita hat Jan auch, hier die aus dem Klappentext seiner Romane: "Jan Schröter kennt die Höhen und die Tiefen des Autorendaseins schmerzlich genau. Er arbeitete als Journalist und Kolumnist, schrieb Reiseführer und Kurzgeschichten, massierte die Herzen der Zuschauer mit seinen Drehbüchern für den ZDF-Kultdampfer „Das Traumschiff“ und war jahrelang Stammautor der ARD-Serie „Großstadtrevier“. Bekannt geworden ist er durch seine absurd-komischen Krimis und Romane, in denen er augenzwinkernd und nicht ohne Mitgefühl seine Figuren ins Chaos stürzt."
25 Jahre als Autor in ein paar Zeilen. Was sich dahinter verbirgt, ist pralles Leben, verrückt und sehr turbulent, immer wieder fesselnd und manchmal auch rührend. Sie können es nachlesen: in seinem autobiographischen Roman "Wie mich mein Deutschlehrer fast umbrachte ...", in dem er seinen Weg vom testosteron-gesteuerten Teenager zum erfolgreichen Autor beschreibt. Jan Schröter verrät nicht, was den Tatsachen entspricht und was er für seinen Roman literarisch überhöht hat. Immerhin zitiert er in seiner Schreibregel Nr. 4 Karl May: "Erzähle nicht die Wahrheit, solange dir etwas Interessanteres einfällt."
Also alles nur erfunden? Ich fürchte: nein. Nach allem, was ich von Jan weiß, ist vieles genau so passiert. Er musste sich nichts Interessanteres ausdenken. Sein Leben ist absurd-heiter. Oder besser: Sein Blick auf das Leben ist der eines Menschen, der fest entschlossen ist, sich von den Absurditäten des Alltags nicht unterkriegen zu lassen. Ein halbleeres Glas ist immer halbvoll, und selbst wenn das Halbvolle sich als fingerbreiter Rest entpuppt, muss das reichen, um den Abend zu genießen. Morgen ist ein neuer Tag. Ist das Glas leer, geht es weiter. Augenzwinkernd und kreativ. Nur so lässt sich das Autorendasein mit vollem Genuss ertragen.
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